Was ist Sarkopenie?

Sarkopenie ist ein verbreitetes und zu wenig bekanntes Syndrom. Worum es sich dabei handelt und was man dagegen unternehmen kann, erfahren Sie hier?

Sarkopenie ist ein durch Alter, Krankheit und/oder inadäquate Lebens- und Ernährungsgewohnheiten verursachtes Syndrom, das im Abbau von skelettaler Muskelmasse in kritischem Ausmaß und kritisch abgesenkter Muskelkraft und/oder Muskelfunktionalität besteht. “Sarkopenie bedeutet erhöhte Krankheitshäufigkeit, häufigere Behinderung, erhöhtes Sturz- und Knochenbruch-Risiko, Invalidität, Verlust an Lebensqualität, Einschränkungen einer selbstbestimmten Lebensführung und erhöhte Sterblichkeit”, erklärt Prim. Dr. Klaus Hohenstein MSc. (Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Geriatriezentrum Wienerwald, Wien).

All das müsste nicht sein: Sarkopenie ist gut diagnostizierbar und es gibt hinreichende Evidenz dafür, dass sie vor allem in frühen Stadien mit Bewegungs- und Ernährungstherapie, insbesondere mit der essentiellen Aminosäure Leucin, gut beeinflussbar ist. Allerdings ist die – seit 1989 so bezeichnete – Krankheit noch recht unbekannt und wird viel zu selten diagnostiziert. Ein Team von Fachleuten hat jetzt das Experten-Papier “Altersassoziierter Muskelverlust” erarbeitet, um Bewusstsein zu schaffen und die Diagnose und Behandlung der Sarkopenie zu optimieren.

Je nach Definition wird die Häufigkeit der Sarkopenie (griechisch: “Fleischmangel”) bei 60- bis 70-Jährigen mit bis zu 13 Prozent angegeben, demnach gibt es in Österreich in dieser Altersgruppe rund 120.000 daran Erkrankte. Die Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter an, bei den Über-80-Jährigen auf bis zu 50 Prozent. Nach Schätzungen sind heute weltweit mehr als 50 Mio. Menschen davon betroffen, in 40 Jahren werden es mehr als 200 Mio. sein. In den USA betragen die gesundheitlichen Gesamtausgaben für Sarkopenie 1,5 Prozent der direkten Gesundheitsausgaben.

Abbau von Muskelmasse mit massiv steigender Tendenz

Es beginnt scheinbar harmlos mit Problemen beim Gehen oder Stiegen steigen. Die Wegstrecken, die bewältigt werden, werden immer kürzer, die Pausen dazwischen immer länger. Eine gefüllte Einkauftasche zu tragen fällt schwer, ebenso wie jede anstrengende Tätigkeit im Haushalt, und selbst Stehen über 10 oder 15 Minuten kann zum kaum bewältigbaren Problem werden. Solche Probleme können erste Anzeichen einer Sarkopenie sein. Prim. Hohenstein: “Sarkopenie ist ein multifaktorielles Geschehen, das durch genetische, allerdings zum Teil reversible Alterungsprozesse ausgelöst und durch zusätzliche Faktoren verstärkt werden kann: Zum Beispiel durch Aktivitätsmangel, verschiedene Krankheiten und Defizite in der Ernährung, insbesondere die inadäquate Aufnahme von Energie und/oder Proteinen.”

Ab 40 liegt der natürliche Verlust der Muskelmasse zwischen 0,5 und 1 Prozent pro Jahr. Ab 50 nimmt die Muskelmasse im Bevölkerungsquerschnitt jährlich um ein bis 2 Prozent ab. Die Muskelkraft reduziert sich um 1,5 Prozent, ab dem 70. Lebensjahr sogar um 3 Prozent, insbesondere geht die Schnell-Kraft verloren. (Anm. Payer Andrea: Das gilt nur für die Menschen, die nichts dagegen unternehmen!! Also keinerlei Sport betreiben.) “Ursachen sind u.a. Fehlfunktionen zellulärer Prozesse in den Muskelfasern, ein altersbedingtes Übergewicht, muskelabbauende (“katabole”) Prozesse und die Verringerung muskelaufbauender (“anaboler”) Vorgänge”, so Prim. Hohenstein. “Die Muskeln sprechen auf anabole Stimuli immer weniger an. Bei gleichbleibender Ernährung steht eine reduzierte Sensitivität des Muskels gegenüber den anabolischen Effekten von essentiellen Aminosäuren, insbesondere Leucin, einer geringeren Bioverfügbarkeit dieser Substanzen gegenüber.”

Proteinreiche Ernährung und Krafttraining

Die Therapie basiert immer auf einer Kombination von proteinreicher Ernährung und physischer Aktivität. Zur Umkehr der sarkopenischen Dynamik hat sich regelmäßiges Krafttraining (medizinische Trainingstherapie) als wirksam erwiesen. Ist das nicht oder nur eingeschränkt möglich, kann inaktivitätsbedingter Muskelabbau durch funktionelle Elektrostimulation reduziert werden.

Höherer Proteinbedarf im Alter – Unterversorgung ist weit verbreitet

“Ältere Menschen benötigen zur Bildung der gleichen Menge von Muskelproteinen eine höhere Eiweißzufuhr als jüngere”, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Monika Lechleitner (Fachärztin für Innere Medizin, Ärztliche Direktorin am LKH Hochzirl). In Bezug auf Sarkopenie verdient die Tatsache, dass ältere Menschen einen höheren Proteinbedarf haben, besondere Beachtung, weil sie in den derzeit gängigen Ernährungsempfehlungen (RDA) nicht berücksichtigt wird: Dort wird undifferenziert eine Tagesdosis von 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht für alle Erwachsenen ab dem 19. Lebensjahr als Minimum empfohlen. Prim. Lechleitner: “Studien ergaben allerdings, dass für ältere, speziell sarkopenische Menschen zur Aufrechterhaltung der Stickstoffbalance bzw. der fettfreien Körpermasse eine höhere Dosis erforderlich ist, etwa 1 bis 1,5g/kg/Tag.”

Doch selbst die täglichen 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht werden von 25 Prozent der älteren Menschen nicht erreicht, bei den Über-70-Jährigen sind es bereits 40 Prozent. 50 Prozent der älteren Menschen weisen eine tägliche Zufuhr von unter einem Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht auf. Prim. Lechleitner: “Es ist also eine weit verbreitete Unterversorgung mit Proteinen zu diagnostizieren, die dramatische Konsequenzen haben kann.”

Gleichmäßige Eiweißzufuhr – zentraler Stellenwert von Leucin

Erforderlich ist eine den Empfehlungen entsprechende, möglichst gleichmäßig über die drei Hauptmahlzeiten verteilte Eiweißzufuhr. Angesichts der Ernährungsgewohnheiten älterer Menschen ist häufig eine entsprechende Supplementierung der Eiweißzufuhr angezeigt. “Die Supplementierung von Protein und Aminosäuren, insbesondere Leucin, hat nachweisliche den Muskelabbau verringernde Effekte. Leucin ist beim Menschen eine essentielle Aminosäure, die für den Energiehaushalt im Muskelgewebe eine zentrale Rolle spielt. Unter den essentiellen Aminosäuren dürfte die Aminosäure Leucin der mächtigste Regulator der Proteinsynthese des Skelettmuskels sein”, so Prim. Lechleitner. Supplement-Mischungen aus essentiellen Aminosäuren wirken allerdings auf Sarkopenie nur dann anabolisch, wenn der Leucin-Anteil hoch ist (2,8g bzw. 41%), Produkte mit niedriger Leucin-Dosierung wirken nur bei Jüngeren muskelaufbauend.

Vitamin D

Neben Proteinen äußert sich die ausreichende Aufnahme von Vitamin D bei älteren Menschen in einem Anstieg von Kraft und Funktion sowie einer Reduktion von Stürzen. Bei Sarkopenie sollte deshalb die empfohlene Tagesdosis von 800-1.000 IU eingehalten werden. Vitamin D-Quellen sind zum Beispiel Seefische, maßvolle Sonnenexposition und Supplemente.

“Es geht also darum, die Sarkopenie als gefährliche Krankheit ernst zu nehmen, Risikopersonen oder Menschen mit den typischen Beschwerden eine kompetente Diagnose zu ermöglichen, und bei Vorliegen einer Sarkopenie diese angemessen zu behandeln”, so Prim. Hohenstein. “Die Möglichkeiten dafür gibt es, sie müssen nur konsequent genützt werden.”

Richtlinien für die Diagnose

Voraussetzung einer kompetenten Behandlung ist eine möglichst frühzeitige und exakte Diagnose. Das Expertpapier präsentiert auch einen einfachen Diagnose-Algorithmus für die klinische Praxis: Ein erster Check der Ganggeschwindigkeit und der Handkraft, der Hinweise auf Sarkopenie geben kann, kann sehr einfach in der Ordination durchgeführt werden. Er sollte bei Menschen ab dem 65. Lebensjahr und bei Vorliegen spezieller Risikofaktoren auch bei Jüngeren erfolgen. Bei einer Ganggeschwindigkeit unter 0,8m/sek und/oder wenn die Handkraft vermindert ist, besteht ein starker Verdacht auf Sarkopenie. In diesem Fall ist zur Sicherung der Diagnose eine Muskelmasse-Messung mittels Absorptiometrie (DXA) oder Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) anzustreben.

Leucin-Gehalt

Leucin ist Bestandteil tierischen und pflanzlichen Proteins. Die oben stehenden Beispiele beziehen sich jeweils auf 100g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil von Leucin am Gesamtprotein angegeben.

Proteingehalt

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Quelle: B&K Bettschart & Kofler Medien- und Kommunikationsberatung GmbH, Mag. Daniela Pedross, 1090 Wien, Liechtensteinstraße

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